Rückblick Bibelpastorale Studientagung 2020
Unter dem Titel "Grenzen überwinden - Die Apostelgeschichte" befassten sich die Teilnehmer*innen drei Tage lang in Vorträgen, Workshops und Gottesdiensten intensiv mit der Apostelgeschichte. Eines der Highlights war ein interaktives Improvisationstheater.
Erstmals trat das Österreichische Katholische Bibelwerk dem Bibelwerk Linz und dem Bildungshaus Schloss Puchberg als Mitveranstalter zu Seite. Bei Bibelwerksdirektorin Elisabeth Birnbaum war die Freude über die neue Zusammenarbeit groß.
Bibelbischof Anton Leichtfried zeigte sich in den Begrüßungsworten an die Teilnehmer*innen über das Zustandekommen der Tagung trotz coronabedingter Einschränkungen sehr erfreut. Für ihn sei die Apostelgeschichte ein Weg der Erinnerung und des Erzählens an und über Jesus.
Vom Anfang des Christentums erzählen
Eröffnet wurde die Tagung von Prof. Hans-Georg Gradl aus Trier mit einer Einführung in die Kunst der antiken Geschichtsschreibung. Die Apostelgeschichte deutete Gradl als ein Gründungsepos, das die Christ*innen an die gemeinsame Vergangenheit erinnern sollte, um Relevantes für die Zukunft zu entdecken. Der Verfasser wollte dabei den Ansprüchen antiker Historiogaphie gerecht werden und für die Leser*innen ansprechend und unterhaltend sein, so Gradl. Der Adressat der Apostelgeschichte sei Theophilus, einer der von Gott geliebt ist bzw. einer der Gott liebe. Er sei damit auch Modellleser für alle, die schon anfänglich glauben und nach Sicherheit im Glauben verlangen. Sie alle sollten sich als Geliebte Gottes (als Theophiloi) verstehen. Unter den Leseschlüsseln zur Apostelgeschichte betonte Gradl die Zusammengehörigkeit des Evangeliums nach Lukas mit der Apostelgeschichte. Diese sei angemessener als "Taten Jesu Christi" denn als "Taten der Apostel" zu bezeichnen.
Der Eröffnungsvortrag von Prof. Dr. Hans-Georg Gradl wurde auf der Facebook Seite des Bibelwerks live übertragen und kann dort noch angesehen werden.
Bis an die Grenzen - ... und darüber hinaus
Ausgehend von Apg 1,8 gab Dr. Barbara Lumesberger-Loisl den Zuhörer*innen einen Überblick über das ganze biblische Buch und konzentrierte sich dabei auf die Gabe des Geistes Gottes als Verheißung. "Immer wieder ist es der Geist, der sie antreibt, der die Richtung vorgibt und die Leute zusammenführt", fasste Dr. Barbara Lumesberger-Loisl die Apostelgeschichte treffend zusammen. In Gesprächsgruppen kamen die Teilnehmer*innen der Bibelpastoralen Studientagung 2020 immer wieder ins Gespräch über die Texte und reflektierten ihre Zugänge und Sichtweisen.
Ungezähmt
Die Teilnehmer*innen wurden gebeten ihre Lieblingsstellen aus der Apostelgeschichte auf einem Stück Papier festzuhalten. Am Abend wurde daraus ein Improvisationstheater. Gekonnt und souverän spielte die Theatergruppe "Die Ungezähmten" mit den Zitaten aus der Apostelgeschichte, nahm die biblische Botschaft mit einem Augenzwinkern mit in kurze Alltagsszenen und sorgte damit für herzhaftes Gelächter.
Zwist im Zentrum
Das Improvisationstheater war eine gute Vorbereitung auf den zweiten Tag der Bibelpastoralen Studientagung, denn da ging es um handfeste Streitereien. Auch wenn die Konflikte in Apg 15 gegenüber den Paulusbriefen abgemildert erschienen, ging es doch um theologisch tiefgreifende Fragen und Vorstellungen.
Hans-Georg Gradl skizzierte den Konflikt am Apostelkonzil, die Kompromisse und Vereinbarungen, die in Jerusalem getroffen wurden, unter den Fragestellungen: Wie sah das Zusammenleben in gemischten Gemeinden aus? Wie konnte das Zusammenleben zwischen jüdisch-christlichen und christlich-völkergemeindlichen Gemeindemitgliedern gelingen? Welche Regeln und Vorschriften galten für wen? Welche politische Einflussfaktoren brachten welche Blüten des Apostelkonzils hervor? Spannende Fragen, die in verschiedenen Workshops aufgenommen wurden.
Weitere Vorträge befassten sich mit Petrus, Paulus und weiteren Protagonisten der Apostelgeschichte, sowie mit Texten zum Gemeindeleben und zur Glaubenspraxis.
Eindrücke aus den Workshops
In den verschiedenen Workshops konnten die Vorträge von Prof. Dr. Hans-Georg Gradl und Dr. Barbara Lumesberger-Loisl vertieft, diskutiert und um zusätzliche Themen erweitert werden. So gab es Workshops zu Musik und Kunst, Tanz oder den Frauen der Apostelgeschichte. Natürlich wurden auch die Themen der Hausgemeinden und die Spiritulität der Apostelgeschichte beleuchtet.
Mit der Apostelgeschichte weitergehen
Der Abschluss der Tagung stand unter dem Motto des Neuanfangs:
"Das Ende aber ist für Lukas Chance zu einem neuen Anfang: Das offene Ende der Apostelgeschichte ist der entscheidende Beginn der 'Theophiloi' - damals und heute!", erinnerte Hans-Georg Gradl an den Auftrag der Apostelgeschichte. So diskutierten die Teilnehmer*innen eingehend die Frage, wie man die Erkenntnisse aus der Apostelgeschichte auch in der eigenen pfarrlichen Praxis fruchtbar machen und mit der Apostelgeschichte weitergehen könne.
Bischof Manfred Scheuer wies beim Abschlussgottesdienst darauf hin, dass die Apostelgeschichte dafür eine Fülle von Identifikationsmustern zur Verfügung stelle. "Die Hinwendung zur Welt; das Hinausgehen mit Grenzüberschreitungen; die Freiheit Rede und Antwort zu stehen; die Vergewisserung, dass wir Gesendete sind; das es Gott ist der handelt und der unsere Geschichte und die Geschichte der Welt in eine heilvolle Zukunft verwandeln will", so Scheuer wörtlich.
Und Hans-Georg Gradl und Barbara Lumesberger-Loisl formulierten als Ausblicke am Ende der Tagung einige Ermutigungen:
- zu versuchen sich anderen verständlich zu machen und nicht in der "kirchischen" Sprache stecken zu bleiben.
- die Ermutigung, Glaubensverkündigung und die Glaubwürdigkeit der eigenen Person zusammenzudenken.
- für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten zu sorgen, mit Gottvertrauen und Mut.
- den Geist Gottes manchmal auch gegen die eigene Intention wirken zu lassen.
- das Erzählen als gemeinschaftsstiftende Kommunikationsform nicht aus den Augen zu verlieren.
Die Apostelgeschichte lade ein anderen Wegbegleiter zu sein und nicht anderen im Weg zu stehen, so Gradl. Gerade die Apostelgeschichte mache uns Mut sich auch mit den schwierigen Fragen auseinanderzusetzen und gedankliche Grenzen zu überwinden. Die Entgrenzungen der Apostelgeschichte sollten für uns weiterhin Inspiration zum Weitergehen, Weiterdenken und Weiterüberlegen sein. Die Geschichte hat erst begonnen.
Hier geht's zum Tagungsrückblick vom Bibelwerk Linz: https://www.dioezese-linz.at/site/bibelwerk/home/news/article/156050.html